Steuerhinterziehung – Der Ehrliche ist der Dumme

 

Steuerhinterziehung schädigt den Steuerehrlichen mindestens auf zwei Arten. Zum einen bezahlt der Steuerehrliche alle die staatlichen Leistungen, die der Steuerunehrliche als Trittbrettfahrer gratis nutzt. Zum anderen hat er als Unternehmer einen indirekten Wettbewerbsnachteil. In einem Verfahren vor dem FG Baden-Württemberg (12.6.18, 8 K 501/17) wurde diese Diskriminierung thematisiert. Zwar unterlag der Unternehmer mit seiner Forderung, dass seine Umsätze teilweise steuerfrei zu stellen seien, weil Steuerhinterhinterziehung in seiner Branche (Gastronomie) die Regel sei. Sensationellerweise wurde aber Revision zugelassen, da die im Streitfall zu entscheidende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei.

Steuerhinterziehung wird von Gesetzgeber und Finanzbehörde geduldet
Der Gaststättenbetreiber (und Jurist) hatte verlangt, dass die Einnahmen zumindest teilweise von der Besteuerung auszunehmen seien, weil Bareinnahmen bei bargeldintensiven Betrieben wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits ungleichmäßig erfasst und Marktteilnehmer dadurch nicht gleichmäßig besteuert würden. Der Gesetzgeber habe dies zu verantworten.

Die Finanzbehörden kämen – durch die Politik verschuldet – ihrer Verpflichtung zur gleichmäßigen Erhebung der entstandenen Steueransprüche nicht nach. Die vom Staat geduldete Massensteuerhinterziehung (z. B. durch Manipulationssoftware für Kassensysteme, Geldspielautomaten, Taxameter) führe außerdem zu massiven Wettbewerbsverzerrungen, da die überwiegende Mehrzahl der Marktteilnehmer durch Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erlange.

Vollzugsprobleme ja, aber kein Vollzugsversagen
Die Klage wurde abgewiesen. Es sei zwar zutreffend, dass die bestehenden Möglichkeiten zur Manipulation von Kassenaufzeichnungen ein ernstzunehmendes Problem für den gleichmäßigen Steuervollzug darstellten. Hiervon gehe auch der Gesetzgeber selbst aus; ferner davon, dass die bestehenden gesetzlichen Regelungen keine ausreichenden Möglichkeiten bieten, um Manipulationen von digitalen Grundaufzeichnungen (z.B. Kassendaten) ohne großen Aufwand durch die Außenprüfungsdienste vor Ort aufzudecken. Dennoch werde die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens nicht prinzipiell verfehlt. Durch Verfahren ( z. B. Chi²-Test und Maßnahmen (Kassennachschau, Umsatzsteuernachschau) werde versucht, das Entdeckungsrisiko zu erhöhen). Im Übrigen führe die Rechtsfolge der teilweisen Nichtbesteuerung von tatsächlich erzielten Bareinnahmen ihrerseits zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung.

Was kann der Berater tun?
In einschlägigen Fällen sollten – ja müssen – die Bescheide offengehalten werden. Das heißt: Im bargeldintensiven Bereich muss gegen Bescheide (Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Auf die Berater und ihre Mandanten wartet also viel Arbeit. In Betriebsprüfungen oder gar in Fällen der Steuerfahndung haben Betroffene zumindest etwas mehr „Verhandlungsmasse“. Vielleicht lenkt der eine oder andere Prüfer etwas früher ein, wenn er davon ausgehen muss, dass sein Fall sonst nicht zu einem Ende kommt.

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